Zwei Mal „synodal“
Das Wort „synodal“ scheint derzeit in der römisch-katholischen Kirche Konjunktur zu haben. Gleich zwei Prozesse werden aktuell mit diesem Begriff näher bestimmt.
Da ist zum einen der „synodale Weg“ (www.synodalerweg.de). Er wird gemeinsam von der „Deutschen Bischofskonferenz“ (DBK) und dem „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ (ZdK) verantwortet und gestaltet wird. Nach etlichen regionalen und diözesanen Synoden und Diskussionsforen in zurückliegenden Jahrzehnten wurde dieser Diskussions- und Entscheidungsprozess vor allem durch den sogenannten Missbrauchsskandal ausgelöst. Denn die Vertuschung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche deckt systemische Defizite auf. Die Themen, die nun beim „synodalen Weg“ in vier Foren (Macht und Gewaltenteilung in der Kirche, Leben in gelingenden Beziehungen, Priesterliche Existenz heute, Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche) zur Debatte stehen, sind allerdings nicht neu. Sie wurde zum Teil schon 1971–1975 auf der sogenannten „Würzburger Synode“ diskutiert. Heute haben sie jedoch eine weitaus größere Dramatik, wie nicht zuletzt der inzwischen massenhafte Austritt auch von engagierten Katholik*innen aus der Kirche zeigt. Dabei laufen die Trennungslinien innerhalb der Kirche längst nicht mehr nur zwischen Bischöfen und Priester einerseits und sogenannten Laien andererseits. Die Spaltungen gehen quer durch die Kirche. Der „synodale Weg“ ist der Versuch, die Fraktionen durch ein „gemeinsam auf dem Weg sein“ miteinander ins Gespräch zu bringen und die Kirche zusammenzuhalten. Dafür steht der Begriff „synodal“.
Dies charakterisiert auch den zweiten synodalen Prozess. Der findet derzeit auf weltkirchlicher Ebene statt und trägt den Titel „synodale Kirche“ (https://www.dbk.de/themen/bischofssynode-synodale-kirche-2021–2023). Seit dem 2. Vatikanischen Konzil (1962–1965) gibt es die „Bischofssynoden“. Bei ihnen kommen Bischöfe aus der ganzen Welt zusammen, um zu einem bestimmten Thema ihre unterschiedlichen kulturellen und theologischen Perspektiven in den weltkirchlichen Klärungsprozess einzubringen. Seit seinem Amtsantritt ist Papst Franziskus bestrebt, dabei nicht nur die Sichtweise der Bischöfe einzuholen, sondern eine möglichst breite Diskussionsbasis zu schaffen.
So werden nun alle Gläubigen weltweit eingeladen, ihre Meinungen und Überzeugungen einzubringen. Auch Sie, verehrte Leser*innen.
Für das Erzbistum Köln wurde am 01.02.2022 die entsprechende Internetseite freigeschaltet (https://www.weltsynode.koeln).
Bis zum 18.03.2022 können Sie Ihre Stimme einbringen.
Dabei muss man sich bewusst sein, dass Themen, die für uns in Deutschland und Europa besonders brennend sind, weltkirchlich zum Teil (noch) keine Bedeutung haben. Genau deshalb aber ist es wichtig, dass alle weltweit ihren Beitrag leisten.
Mit „synodal“ wird ein aus den ersten Jahrhunderten der Kirche stammendes Prinzip aufgegriffen. Es soll die Teilhabe aller sicherstellen an Entscheidungen, die alle betreffen. Dahinter steht das biblische Bild vom „Leib Christi“, wie es der Apostel Paulus im 1. Brief an die Gemeinde in Korinth zeichnet (vgl. 1 Kor 12). Im Laufe der Geschichte der Kirche ist dieses Prinzip der Gleichheit aller immer mehr verloren gegangen. In jüngster Zeit wird es verstärkt wieder eingefordert. Neben der biblischen und altkirchlichen Begründung wird dabei vor allem auf das durch Taufe und Firmung begründete „gemeinsame Priestertum aller Gläubigen“ (vgl. LG 10) verwiesen. Dieses ist keineswegs ein „protestantisches Prinzip“, wie es verschiedentlich heißt. Es findet sich vielmehr an markanter Stelle in der Kirchenkonstitution „lumen gentium“ (LG) des 2. Vatikanischen Konzils.