​Öku­me­ni­sche Glau­bens­ge­sprä­che in einer Senioreneinrichtung

balloons-874841_1920 Geralt auf Pixabay.com https://pixabay.com/illustrations/balloons-rectangle-communication-874841/

Als ich eini­ge Mona­te in der Ein­rich­tung für Betreu­tes Woh­nen leb­te, wur­de ich gefragt, ob ich für die monat­li­chen Glau­bens­be­sprä­che zur Ver­fü­gung stän­de. Ich habe gern „Ja“ gesagt. Mei­ne Vor­stel­lung von alten Men­schen, die gläu­big und prak­ti­zie­rend hier ihren Lebens­abend ver­brin­gen woll­ten, hat­te sich zu dem Zeit­punkt bereits als viel zu undif­fe­ren­ziert und als Täu­schung erwiesen.

Äuße­re Rahmenbedingungen

Bei dem Senio­ren­cen­trum han­delt es sich um ein gro­ßes Haus in pri­va­ter Trä­ger­schaft – der­zeit ca. 140 Bewoh­ner – Betreu­tes Woh­nen und voll­sta­tio­nä­re Pfle­ge. Kirch­li­che Seel­sor­ge besteht in monat­lich je einem evan­ge­li­schen und einem katho­li­schen (Eucha­ris­tie­fei­er) Gottesdienst.

Teil­neh­men­de an  Glau­bens­ge­sprä­chen (beob­ach­tet inner­halb von 4 Jahren)

  • unter­schied­li­che Kon­fes­sio­nen unter­schied­li­cher Bildung
  • unter­schied­li­chen Alters unter­schied­li­che (kirch­li­che) Bindung
  • über­wie­gend Frau­en wenig kon­ti­nu­ier­lich Teil­neh­men­de (Arzt- und Behand­lungs­ter­mi­ne, Krank­hei­ten).
    Not­wen­dig war also jeweils eine the­ma­tisch in sich abge­schlos­se­ne Gesprächseinheit.

Wirk­li­che Gesprä­che kamen oft nicht zustan­de. Die Gene­ra­ti­on hoch­be­tag­ter Men­schen ist es nicht gewohnt, über Glau­bens­in­hal­te zu spre­chen. Das betrifft haupt­säch­lich Grup­pen­ge­sprä­che. Wie auch in ande­ren Alters­grup­pen ist leben­di­ger Glau­be immer auch in Bewe­gung. Im Alter jedoch ver­lie­ren  man­che Dis­kus­sio­nen ihre Bedeu­tung. Der Bene­dik­ti­ner­mönch Fide­lis Rup­pert bringt es auf den Punkt: „Es geht (im Alter) nicht mehr um das Reden von Gott son­dern um die Erfah­rung sei­ner Wirk­lich­keit.“ So erle­be ich es bei mir und auch bei vie­len alten Men­schen. So geht es auch in den Glau­bens­ge­sprä­chen wohl um das Wahr­neh­men und Auf­zei­gen von Wegen, wie die­se Gött­li­che Wirk­lich­keit sich im Leben zeigt. Das geht nicht immer ganz ohne intel­lek­tu­el­le Hil­fen, deren  Bedeu­tung ist aber sekundär.

Inhal­te

Die Suche nach für die­se Ziel­grup­pe geeig­ne­ten The­men gestal­te­te sich schwie­rig, da auch von inter­es­sier­ten Teil­neh­men­den sel­ten The­men­vor­schlä­ge geäu­ßert wur­den. Ich selbst hat­te den Anspruch sowohl die Lebens­wirk­lich­keit hier und jetzt aber auch die wirk­lich seel­sorg­lich spi­ri­tu­el­le Dimen­si­on ein­zu­brin­gen. Es gibt Arbeits­hil­fen aus dem Gene­ral­vi­ka­ri­at, aber für die­se Glau­bens­ge­sprä­che fand ich da kaum Hil­fen. Für die Ein­la­dung zu den Gesprä­chen wur­de immer das  The­ma vor­ab veröffentlicht.

Eini­ge der The­men, die vor­be­rei­tet und bespro­che­nen wurden
  • Hat Gott die Welt erschaf­fen? – Schöp­fung und/oder Entwicklung-
  • Wozu Reli­gi­on?
  • Köl­ner Mönch und Ket­zer –Meis­ter Eckhart-
  • Die Macht des Wor­tes – Segen und Fluch-
  • Du sollst nicht töten? –Ein Gebot und sei­ne Klippen-
  • Das alte Buch – neu gele­sen- Am Bei­spiel: Blindenheilung
  • Bil­der von Gott – ges­tern und heute –
  • Christ­sein radi­kal – Wie leben Mön­che und Nonnen –
  • Der Zwei­fel – Lebens- und Glau­bens­hel­fer oder Verhinderer –
  • Alles hat sei­ne Zeit – Lebens­weis­heit aus der Bibel –
  • Der hei­ße Draht nach oben – Hilft das Beten?
  • Nichts für Feig­lin­ge – Alt­wer­den – Altsein
  • Chris­ten und Juden – Geschwisterkonflikte
  • Wenn einer geht – Tod und Trauer –
  • Hei­li­ge und unhei­li­ge Frau­en – Begi­nen und Hexen –
  • Christ­li­che Medi­ta­ti­on – Mode oder Mystik –
  • Alle gro­ßen Weltreligionen

Zu jedem The­ma der Glau­bens­ge­sprä­che habe ich ein dop­pel­sei­tig beschrif­te­tes Blatt zu Inhalt (und Ver­lauf) für die Teil­neh­men­den erstellt. Das konn­te ich auch denen geben, die an der Teil­nah­me ver­hin­dert waren.

Wie geht es weiter?

Seit einem Jahr hab ich gebe­ten, die Glau­bens­ge­sprä­che in ande­re Hän­de zu geben. Ich bie­te noch die Abend­ge­be­te für Bewoh­ner und eine Medi­ta­ti­ons­mög­lich­keit. Mei­ne Nach­fol­ge­rin setzt selbst­ver­ständ­lich ande­re Schwer­punk­te. Ich bin gern bereit, von den noch vor­han­de­nen Mate­ria­li­en abzu­ge­ben und mei­ne Vor­stel­lun­gen von Glau­ben und Seel­sor­ge im Alter zu erläutern.

Text: Edel­traud Nöl­ken­smei­er
Bild by Ger­alt / Pix­a­bay
Zitat Fide­lis Rup­pert, „Älter wer­den – wei­ter­wach­sen“, Müns­ter­schwarz­ach 2015, S. 123